“Kulturpolitische Bedeutung riesig – wichtige neue Erkenntnisse zu jüdischem Leben in Bayern”

MÜNCHEN. „Die geschichts- und kulturpolitische Bedeutung der Digitalisierung der Archive der ehemaligen jüdischen Gemeinden in Bayern ist kulturpolitisch nicht hoch genug einzuschätzen. Die Digitalisierung ist ein Quantensprung für die Zugänglichkeit der Archivalien.“ Dies betonte Dr. Ludwig Spaenle, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe heute in München. Anlass war die Freischaltung im Netz der ersten drei von insgesamt rund 200 Gemeindearchiven, nämlich von Floß in der Oberpfalz, Treuchtlingen im südlichen Mittelfranken und Wallerstein in Schwaben. Das Archivmaterial aus den ehemaligen jüdischen Gemeinden und Rabbinaten in Bayern, von denen sehr viele von den Nationalsozialisten zwangsaufgelöst wurden, befindet sich nämlich gegenwärtig in den Central Archives for the History of the Jewish People in Jerusalem und ist so nur schwer zugänglich. Durch die Digitalisierung können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger künftig weltweit und rund um die Uhr auf die Dokumente zum jüdischen Leben zugreifen. “Die Digitalisierung des Archivguts ist Teil des bayerischen Gesamtkonzepts zur Förderung jüdischen Lebens”, so Dr. Spaenle.

„Das Archivmaterial ermöglicht Aussagen zur Religionsgeschichte, zur Familiengeschichte und zum Alltag vor allem im ländlichen Raum, zum Verhältnis von Jüdinnen und Juden zu Christinnen und Christen, zur wirtschaftlichen Lage der jüdischen Bevölkerung und vieles mehr“, ergänzte er. Es sind Quellen aus den jüdischen Gemeinden und Rabbinaten selbst, nicht Überlieferung von Außen, etwa von der politischen Obrigkeit. „Wir werden wichtige neue Erkenntnisse gewinnen – im Sinne von Bausteinen von Wissen – und Wissen bildet eine wichtige Grundlage gegen Judenhass“, so Dr. Spaenle.

Die Digitalisierung der Archivalien der ehemaligen jüdischen Gemeinden Bayerns steht in einem größeren Zusammenhang und zählt zu den drei Leitprojekten für das Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ und in Bayern. (2021/2022). Dazu zählen ferner die „Erfassung jüdischer Grabmäler in Bayern“ durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege und das Online-Portal „Jüdisches Leben in Bayern“, für das das Haus der Bayerischen Geschichte die Federführung hat. Alle drei Projekte sind mittlerweile auf dem Weg, werden aber aufgrund des großen Umfangs mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Dr. Spaenle dankte im Namen der Staatsregierung der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns und den Central Archives for the History of the Jewish People in Jerusalem.