Antisemitismusbeauftragter wendet sich an Oberbürgermeister Reiter

MÜNCHEN. „Die Landeshauptstadt München darf keine judenfeindlichen Demonstrationen mehr am oder beim Jakobsplatz genehmigen“, diese Forderung erhob der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig Spaenle, in einem Schreiben an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. Mit größter Sorge hatte der Beauftragte gemeinsam mit anderen Bürgerinnen und Bürgern eine Menschenkette zum Schutz der Menschen gebildet, die am Freitagabend in der Synagoge Ohel Jakob zum Gottesdienst zusammenkommen wollten. Anlass für die Sorge um die Sicherheit der Jüdinnen und Juden war die Genehmigung einer propalästinensischen Demonstration unmittelbar in der Nähe des jüdischen Gotteshauses, und das ausgerechnet am Vorabend des Sabbats. Es war für Dr. Spaenle das Ziel der judenfeindlichen Demonstranten, die Gemeindemitglieder einzuschüchtern Das zeigt sich auch in den Slogans, die sie lauthals skandierten und über die auch die Süddeutsche Zeitung und der Bayerische Rundfunk berichteten; z. B. „Zionisten sind Faschisten, Kindermörder und Rassisten“.

„Viele Jüdinnen und Juden, die den Gottesdienst in der Synagoge besuchen wollten, waren von der eindeutig judenfeindlichen Demonstration, deren Route unmittelbar an dem jüdischen Gotteshaus vorbeiführte, erschreckt und verunsichert. Sie konnten auch nur einen Weg zu ihrem Gotteshaus nutzen“, so Dr. Spaenle.

Allein der projüdischen Menschenkette, die von rund 350 Münchnerinnen und Münchnern gebildet wurden. und einem massiven Einsatz der Polizei war es für Dr. Spaenle zu verdanken, dass hier bei den Menschen jüdischen Glaubens keine neuerlichen Traumata verursacht wurden.

„Eine solche Genehmigungspraxis darf sich München, das als „Stadt der Bewegung“ eine dramatische Rolle in der NS-Diktatur gespielt hat, nicht leisten“, warnt Dr. Spaenle. „Es kann nicht sein, dass Jüdinnen und Juden wieder Angst haben, in München ihren Glauben zu leben“, fordert Dr. Spaenle eine klare Anweisung von OB Reiter an die nachgeordnete städtische Behörde. „Den Schutz der freien Ausübung der jüdischen Religion müssen Sie zur Chefsache machen“, so Dr. Spaenle abschließend.

Einen Vorschlag richtete der Regierungsbeauftragte an Dieter Reiter: Die Stadt München solle „künftig gemeinsam mit der Israelistischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, der Polizei, der Justiz und weiteren relevanten Stellen ein Verfahren entwickelt, das bei künftigen Demonstrationen in sensiblen Bereichen eine frühzeitige und transparente Risikoabwägung sicherstellt.“ Er stehe zur Mitarbeit bereit.