Dr. Spaenle: „Dramatischer Verlust von Sensibilität und Verantwortung in der bundesdeutschen Kulturpolitik“
MÜNCHEN. Der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig Spaenle, hat einen „dramatischen Verlust von Sensibilität für Antisemitismus und Verantwortung gegen Judenhass in der bundesdeutschen Kulturpolitik“ in den jüngsten Jahren ausgemacht.
2018 habe die Verantwortlichen nach dem Vorfall um den Echoverleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang, die einen dramatischen Auschwitzsatz in ihrem Song genutzt haben und auch von Campino nachdrücklich dafür kritisiert wurden, rasch und entschieden gehandelt. Der Echoaward wurde eingestampft. Bei der documenta fifteen 2022 dagegen haben sowohl die Juroren, die Geschäftsführung wie auch die Verantwortlichen in der Trägergesellschaft ein entschiedenes Eingreifen angesichts mehrerer antisemitischer Bilder, Aussagen und Botschaften etwa auf „People´s justice“ vermissen lassen. Erst nach entschiedenen Protesten aus Gesellschaft und Politik sei eine wissenschaftliche Kommission mit der Frage nach Antisemitismus in der Kunst eingesetzt worden. Diese hat klar gemacht, dass der Missbrauch der Kunstfreiheit bei der documenta fifteen mit Botschaften gegen Jüdinnen und Juden absehbar gewesen sei.
Und bei der Berlinale habe die offizielle Kulturrepräsentantin der Bundesregierung zu spät und zu wenig nachdrücklich auf die antiisraelischen Aussagen bei der Berlinale reagiert. Sich im Rampenlicht mit sonnen scheint wichtiger als eine kritische Distanzierung gerade angesichts des Terroranschlags der Hamas am 7. Oktober mit all seinen Folgen.
„Die bundesdeutsche Kulturpolitik muss sich ihrer Verantwortung für Jüdinnen und Juden bewusst werden. Ob das die derzeitige Staatsministerin zu leisten vermag, ist für mich mehr als fraglich“, so Antisemitismusbeauftragter Spaenle abschließend.