Am 12. Januar wird das Jubiläumsprogramm „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ für Bayern durch Ministerpräsident Söder eröffnet. Bayerns Antisemitismusbeauftragter Dr. Ludwig Spaenle stellt das Programm für 2021 mit Zielsetzung und vielen Leuchtturmveranstaltungen vor.
„Das Jahr 2021 bietet eine besondere Chance, jüdisches Leben sichtbar werden zu lassen, und Bayern nutzt diese Gelegenheit. Denn Jüdinnen und Juden prägen Bayerns Gesellschaft maßgeblich mit. Das wollen wir deutlich machen“, so der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig Spaenle.
Er ergänzte: „Der Freistaat beteiligt sich nachhaltig an dem bundesweiten Jubiläumsjahr ,1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland‘. Wir realisieren Leitprojekte zu jüdischer Geschichte und jüdischem Alltag, richten Veranstaltungen mit Leuchtturmcharakter aus und bündeln landesweit mehrere hundert Veranstaltungen über das ganze Jahr hinweg, beispielsweise Ausstellungen“.
Anlass für das Jubiläumsjahr ist die Tatsache: Für Köln sind im Jahr 321 n. Chr. Jüdinnen und Juden in einer Urkunde des römischen Kaisers Constantin nachgewiesen. In Bayern selbst ist jüdisches Leben erstmals urkundlich 981 in Regensburg nachweisbar, in München mit Abraham dem Municher in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Heute leben rund 18.000 Jüdinnen und Juden in Bayern. Im Freistaat bestehen 15 jüdische Gemeinden, die Mehrzahl von ihnen zählt zu den orthodoxen Gemeinden, aber es gibt auch liberale Gemeinden.
Vielfältige Projekte mit Leuchtturmcharakter
Dr. Spaenle nannte mehrere Leuchtturmprojekte:
- die Digitalisierung von rund 300 Archiven ehemaliger jüdischer Gemeinden in Bayern, die den Gemeinden in der Reichspogromnacht entzogenen wurden. Diese liegen heute in den Central Archives for the History of the Jewish People. Mit der Digitalisierung sollen die Dokumente dieser jüdischen Gemeinden aus Bayern zugänglich machen. Sie eröffnen eine Innensicht auf das jüdische Leben in Bayern vor 1933. Zentraler Partner in Bayern ist die Generaldirektion der Staatlichen Archive.
- die Inventarisierung von jüdischen Friedhöfen. Ziel des Pilotprojekts ist es unter anderem, qualitativ hochwertige Foto-Aufnahmen für die wissenschaftliche Auswertung der Grabinschriften zu erstellen. Hier wurde eine Stelle beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eingerichtet.
- die Vernetzung digitaler Projekte zu jüdischem Leben in Bayern – am besten unter einem virtuellen „Dach“ in Zusammenarbeit mit dem Haus der Bayerischen Geschichte. Dazu zählen z. B. das Projekt „Eine jüdische Straße in Bayern“ der Universität Regensburg, die Ausstellung „Jüdisches Leben in Bamberg“ und das Projekt „Jewish Places“ des Jüdischen Museums Berlin.
Dr. Spaenle nannte einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt. „Wir haben die Strategie „Wissen gegen Judenhass“ entwickelt. Nur mit Wissen, können wir nachhaltig und langfristig antisemitischen Positionen den Boden und die Akzeptanz entziehen“, argumentiert er. In diesem Zusammenhang spielen eine Rolle: ein Themenheft „Antisemitismus“ in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit; eine in Kürze erscheinende Publikation zur Strategie „Wissen gegen Judenhass“ mit Beispielen für die Bildungsarbeit, ein Arbeitskreis des Kultusministeriums mit dem Staatsinstitut für Schulentwicklung und Bildungsforschung sowie der Geschichtswettbewerb „Erinnerungszeichen“, der sich 2021 dem jüdischen Leben in Bayern widmet.
Viele Veranstaltungen mit Leuchtturmfunktion
Eröffnet wird das Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Bayern“ am 12. Januar mit einer online-Feierstunde mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, und der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde von München und Oberbayern, Dr. Charlotte Knobloch. Inhaltlich steht ein Vortrag des Münchner Judaisten Prof. Dr. Michael Brenner im Mittelpunkt. Das Ereignis wird auf ARD alpha am 12. Januar ab 18.15 Uhr übertragen, der Bayerische Rundfunk zeigt im Dritten Fernseh-Programm am 12. Januar ab 22 Uhr im Rahmen eines Themenabends eine ausführliche Zusammenfassung. ARD alpha plant ab dem 22. Februar eine Themenwoche zum jüdischen Leben.
Zu den Veranstaltungen mit Leuchtturmcharakter im Jahr 2021 zählen u.a.:
- Ein Vortrag von Altbundespräsident Joachim Gauck im Rahmen der Vortragsreihe „Reden über“ von Bayerns Antisemitismusbeauftragtem und LMU im März.
- Eine Ausstellung „Im Labyrinth der Zeiten“ des Jüdischen Museums München im März.
- Die Übergabe der ältesten Thorarolle Süddeutschlands nach ihrer Restaurierung an die Israelitische Kultusgemeinde Amberg.
- Ein Fachkongress im Oktober in München über jüdisches Leben in Bayern nach 1945.
- Ein Fachkongress zum Landjudentum.
- Eine Conference of European Rabbis in München rund 400 Rabbiner und Vertreter jüdischer Organisationen in München im November.
Landesweit hunderte Veranstaltungen und Aktivitäten
Mit landesweit mehreren Hundert Veranstaltungen und Aktivitäten wird deutlich werden, wie sehr jüdisches Leben Bestandteil der Gesellschaft und des Alltags in Bayern ist. Anbieter sind der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden, die Israelitische Kultusgemeinde in München und Oberbayern sowie viele gesellschaftliche und staatliche Institutionen wie die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit.
Informationsbörse und Anlaufstelle für das Jubiläumsjahr
Die Geschäftsstelle des Antisemitismusbeauftragten dient für die Initiative 321 als Informationsbörse und Anlaufstelle. An der Projektstelle „1700 Jahre Jüdisches Leben“, die der Freistaats Bayern eingerichtet hat, wird auch der Kalender zu Veranstaltungen im Jubiläumsjahr 2021 in Bayern geführt und Projekte werden dort koordiniert. Die Projektstelle ist erreichbar unter 1700JahreJuedischesLeben@stmuk.bayern.de. Die Website des Beauftragten ist www.antisemitismusbeauftragter.bayern.de. Auf den Kalender kann ab dem 12.1.2021 über die Website zugegriffen werden.
Abschließend betonte Dr. Spaenle: Wir begreifen das Jahr 2021 als Chance, um deutlich zu machen: Jüdinnen und Juden gehören ganz selbstverständlich zu Bayern. Sie sind wesentlich Träger und Gestalter der modernen Gesellschaft Bayerns und Deutschlands mit ihren christlichen und jüdischen Wurzeln. Und dieses werden wir immer wieder betonen: wir gehören zusammen.